Behinderte in Italien
Behinderte heißen hießen im Italienischen “disabili” = (wörtlich) ~ “nicht Befähigte”. Irgendwann wollte man denen was Gutes tun und hat das in “diversamente abili” = “anders Befähigte” verschlimmbessert. Wer also hier von ihnen redet oder schreibt, muss “anders Befähigte” sagen oder schreiben. Das ist aber auch schon alles, was man in dem Zusammenhang getan hat.
In Rom und südlich davon wird man äußerst selten anders Befähigte in Rollstühlen durch die Gegend fahren sehen (wenn, sind das wahrscheinlich Touristen). Abgesehen davon, dass die sich draußen sowieso nicht bewegen, öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen und öffentliche Gebäude nicht aufsuchen könnten, gibt es dafür noch einen zweiten Grund: Die können ihre Wohnungen gar nicht verlassen.
Nicht, dass es hier keine Aufzüge gäbe, nur: Die, die es gibt, sind auch in Gebäuden mit turnhallengroßen Eingangsbereichen und eigenen Pförtnern meist so gebaut, dass sich darin gerade zwei Personen aufrecht und sehr nahe gegenüber stehen können (fahr mal mit einem, der aus dem Mund riecht, in den 7. Stock). Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, nimmt also in der Regel, wie das Klavier, beim Bezug der Wohnung den Flaschenzug und kommt durchs Fenster rein, um da zu bleiben.
Wahlen heisst für die anders Befähigten in Rom und südlich davon, auch mal an die frische Luft zu kommen, dann organisieren sich nämlich die Ortsvereine, um die Rollstuhlfahrer aus ihren Löchern raus zu holen. Die ziehen dann in Dreiergruppen los und schleppen alle Rollstühle der Stadt schwitzend durch die Treppenhäuser und in die Wahllokale und sagen ihnen, wo das Kreuz hingehört. Ich habe, könnte ich mich heute noch für ohrfeigen, da auch mal mitgemacht. Die haben sich herzlich bei uns bedankt, anstatt uns zu erschießen.
[Fragt mich nicht, warum die keine Briefwahl machen, vielleicht genau deshalb.]
2legislator…
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