Risotto. Regeln der Kunst

“Am wichtigsten ist, dass man sein Gemüt dem Ritual in Furcht der Götter zuwende…”
(Carlo Emilio Gadda)

Da hat er Recht, der alte Carlo Emilio. Einen Risotto zuzubereiten ist kein bisschen weniger als eine Meditation, verlangt in jeder Sekunde die Aufmerksamkeit des Kochs und wenn er fertig ist, duldet er keine Wartezeit. Ein italienisches Sprichwort besagt: “Il risotto non aspetta gli ospiti, ma gli ospiti aspettano il risotto”. Der Risotto wartet nicht auf die Gäste, die Gäste warten auf den Risotto, sitzen im besten Fall in nächster Nähe der Kochstelle und trinken schon mal ein Glas und sind sich der Dimension der Ereignisse bewusst.

Wichtig bei derartigen Ritualen ist natürlich entsprechend geweihtes Werkzeug: Im besten Fall eine Casserole aus verzinntem Kupfer mit Eisenstiel, ein guter alter Holzkochlöffel und ein Filzlappen (damit man sich nicht die Pfoten verbrennt). Ich habe mir aber sagen lassen, dass man auch mit einer ausreichend tiefen beschichteten Pfanne mit Kunststoffstiel einigermaßen zu Rande kommen kann.

Darin mit etwas Butter und ein paar Tropfen Brühe 1/4 bis 1/2 sehr fein gehackte Zwiebel andünsten. “Butter, quantum sufficit, nicht mehr, darf ich bitten: sie darf nicht schwimmen [...] jedes Korn soll sie fetten, nicht aber ersäufen.” (Carlo Emilio Gadda)

Nun in kleinen Portionen den Reis (zwei oder drei Handvoll pro Person) nach und nach hinzufügen. Der alte Carlo Emilio behauptet ja, die Pfanne müsse in dieser Phase glühen, ich selbst habe aber noch nie eine Kupferpfanne glühen sehen. Jedenfalls sollte sie also ziemlich heiß sein. Von jetzt an hat der Holzkochlöffel keine ruhige Minute mehr. Den Reis unter ständigem Rühren glasig werden lassen, er darf nicht am Topfboden ansetzen, sonst stürzt der Himmel ein. Wenn’s so weit ist, mit Wein ablöschen; je nach Richtung, die man einschlagen will, roter oder weißer. An diesem Punkt die Hitze reduzieren und die Flüssigkeit einkochen lassen. Die auf der Flamme nebenan vor sich hinköchelnde Brühe nach und nach zugießen (die Brühe muss kochen, damit der Garvorgang nicht unterbrochen wird). Immer nur so viel Brühe hinzugeben, dass der Reis gerade bedeckt ist. Dabei bei schwacher bis mittlerer Hitze und unter ständigem Rühren den Reis langsam weich köcheln; dauert je nach Reissorte 17 - 20 Minuten.

Am besten gelingt ein Risotto mit italienischen Reissorten aus der Poebene, wie Arborio, Carnaroli oder Vialone, die viel Flüssigkeit aufnehmen und sehr langsam gegart werden. Den Reis nicht waschen (!), er würde sonst zuviel Stärke verlieren und genau die sorgt für die besondere, sämige Konsistenz, die ein guter Risotto haben muss. Er muss all’onda sein - fließen, wenn man die Pfanne schräg hält - der Reiskern aber trotzdem al dente bleiben. Ja, das ist ganz großer Zauber.

Auf vorgewärmten Tellern servieren!


Titi Laflora
Mit herzlichem Dank an Titi Laflora für technischen Rat und sachverständige Anregungen.

Pasta alla cornuta. Pasta del cornuto.

Die Pasta für den gehörnten Ehemann

Pasta alla Cornuta (Thunfisch)Eigentlich handelt es sich bei der Pasta alla cornuta, genauso wie bei der Pasta alla puttanesca, mehr um die Lösung eines Problems, als um ein bestimmtes Rezept. Eine Pasta alla cornuta kocht die Ehefrau, die wenige Minuten, bevor ihr Mann zu Hause eintrifft, von einem Treffen mit ihrem Liebhaber zurückkommt.

Wenn man im italienischsprachigen Netz nach der Pasta alla cornuta sucht, findet man auf den ersten beiden Seiten der Google-Ergebnislisten 17 Einträge: 17 x dasselbe Rezept; wortwörtlich aus einem alten Büchlein abgepinnt.

Zutaten: Thunfisch (100g in Olivenöl), Butter, Parmesan, Salbeiblätter.
Zubereitung: Butter, Thunfisch (Öl natürlich abgießen) Parmesan und ein paar Tropfen Pastawasser zu einer Creme verrühren. Kurze Pasta (nicht ganz abtropfen lassen) dazu, noch etwas Parmesan drüber reiben und ein paar Salbeiblätter oben drauf legen. Fertig.

Aber natürlich gibt es soviele Rezepte, wie fremdgehende Ehefrauen. Wichtig ist, dass der Ehemann keinen Verdacht schöpft und seinem Mahl gar nicht anmerkt, dass es auf die ganz große Schnelle zubereitet wurde.

Für meine Nachbarin Antonella scheint es jedesmal um Sekunden zu gehen. Sie lässt sogar den Thunfisch weg, bricht die Spaghettini (Kochzeit = 7 Minuten) in 4-5 cm kurze Stücke (lange Pasta passt nicht so zur Creme, kurze kocht zu lange) und rührt sie mit etwas Pastawasser in eine Creme aus Butter, Parmesan und Milch. Natürlich schwört sie, dass die echte und originale Pasta alla cornuta nur so gekocht wird.

DonnaMeine Liebste setzt mir Pasta con la ricotta vor. Schneller als in 7 Minuten geht’s ja sowieso nicht. Von den 7 hat sie aber sogar 5 für sich - um sich wieder in Form zu bringen. Ricotta in der Servierschüssel mit Muskatnuss, Parmesan und Pastawasser zu einer Creme verrühren, Pasta rein und - wenn es die Zeit noch erlaubt - zum Schluss etwas Muskatnuss oben drüber reiben - sieht besser aus.

Viel Spaß beim Fremdgehen.

Toskana, Umbrien: Pane sciapo. Brot ohne Salz.

Der Salzkrieg

(Die nachfolgenden ersten beiden Abschnitte im Plauderton zwischen Aperitivo und Antipasti einbauen)

Als Papst Paulus III, einer der ganz blutdurstigen, 1531 eine Salzsteuer erhob und die Einwohner Perugias dazu zwingen wollte, ihr Salz zu einem absurd hohen Preis in den päpstlichen Salzminen zu kaufen, um so den Kampf gegen lutheranische Ketzer zu finanzieren, entbrannte die sogenannte „Guerra del Sale“, der Salzkrieg, in dessen Verlauf die päpstlichen Schlächter ein Blutbad unter den Bürgern der Stadt anrichteten und den Teil Perugias, von dem der Aufstand ausgegangen war, restlos niedergebrannten.

Das zum Konservieren von Lebensmitteln seinerzeit unverzichtbare Salz war von einem Tag zum anderen so gut wie unbezahlbar geworden und so war es mehr als nur eine naheliegende Idee, es bei der Brotherstellung wegzulassen. Der “filone sciapo” = fader Brotleib (natürlich ein weißes Brot), ist noch heute, auch außerhalb Umbriens und der Toskana, sehr verbreitet und beliebt. Man kann ihn inzwischen sogar im südlicheren Italien in fast jedem Supermarkt kaufen.

brot-ohne-salzWenn man sich im deutschen Netz mal kurz umtut, was andere in Foren und Kommentaren zum Thema “Brot ohne Salz” zu sagen haben, findet man auf den ersten Blick jede Menge Aussagen wie “nie wieder”, “furchtbar”, “ungenießbar”. Okay, die haben wahrscheinlich Butter und Marmelade draufgeschmiert und es zum Frühstück gegessen.

Zugegeben, Brot ohne Salz ist gewöhnungsbedürftig. Wenn man’s zum ersten mal probiert, ist das ein ziemlich komisches Gefühl, irgendwie, als würde einem alle Flüssigkeit aus dem Mund gezogen. Möglicherweise trägt auch die enttäuschte Erwartungshaltung zu diesem eigenartigen Effekt bei.

Tatsache ist, dass der vor fast 500 Jahren in einer Ecke Italiens aus der Not geborene fade Brotleib bis heute etwas angetreten hat, das man schon einen Siegeszug nennen kann. Im richtigen Kontext ist das toskanische Brot ohne Salz fast eine Delikatesse. Es passt u. a. bestens zu Antipasti, zu marinierten Meeresfrüchten [ Alici marinate, marinierte Sardellen], Salaten, zu allem, wo ein bisschen Essig drin ist. Man schiebt sich damit den Salat auf die Gabel, wischt ein bisschen in der Marinade auf seinem Teller herum. Perfekt. Probiert mal.

In Deutschland kann man pane sciapo allerdings nur bei italienischen Lebensmittelhändlern und in einigen Delikatessengeschäften kaufen. Oder selbst backen - es gibt ja Leute, die machen sowas - Rezepte stehen im Netz.

Risotto alla crema di scampi

Zutaten für Risotto alla crema di scampi:

Reis (Rundkornreis für Risotti), Scampi (1 Kilo für 4 Personen), 2-3 Schalotten, Cognac, Sonnenblumenöl und etwas Butter.


Als Scampi (ital. Plural von scampo) werden in Italien die in Mittelmeer, Atlantik und Nordsee rumschwimmenden Kaiserhummer (auch Kaisergranat) bezeichnet.

ScampiSie sind ca. 15-20 cm groß, wiegen mit Scheren, Kopf und Kruste um die 50 g - ohne Scheren, Kopf und Kruste gerade mal 10 g, an die heranzukommen, wenn man so ein Ding gegrillt auf dem Teller liegen hat, anders als bei den Garnelen (ital. gamberi), gar nicht mal so einfach ist. Es gibt Leute, die ihre Ration grundsätzlich an die Tischnachbarn verschenken, weil Ihnen der Tanz, den man um diese 10 g veranstalten muss, einfach zu mühsam ist. Mir zum Beispiel.

Der einfachste Weg, die Schwänze von der Kruste zu befreien, ist dem rohen Viech den Kopf abzureißen und dann mit einer kleinen Schere (Nagelschere) die Rückenkruste von oben nach unten aufzuschneiden. Und genau das machen wir als erstes.

Aus Köpfen und Scheren eine Brühe kochen (ca. 1/2 Stunde), in der später der Reis gekocht wird; vorher die Scheren etwas zerdrücken (1-2 mal mit dem Messergriff drauf hämmern), damit die darin enthaltene Substanz während des Kochens ihren Geschmack übergibt.

Während die Brühe vor sich hin köchelt die Creme vorbereiten. Schalotten in etwas Sonnenblumenöl und Butter andünsten, die Scampi hinzugeben und ein paar Minuten garen. Danach die Flamme voll aufdrehen und mit 1 - 2 Gläsern Cognac ablöschen (lieber zu viel, als zu wenig natürlich). Falls sich Gäste in der Küche aufhalten, kurz flambieren, macht Eindruck, kann man sich aber auch schenken. Das Ganze bei kleinerer Flamme noch ca. 5 Min. einkochen, vom Feuer nehmen und etwas abkühlen lassen.

Jetzt kommt der Rührstab zum Zug: Gesamten Pfanneninhalt mixen, 1 - 2 Eßlöffel Sahne dazu und gegebenenfalls mit etwas Brühe für die richtige cremige Konsistenz sorgen; mit Salz und weißem Pfeffer abschmecken

Eine fein gehackte Schalotte in Öl und Butter andünsten, Reis dazu (Rundkornreis für Risotti), eventuell mit etwas Weißwein ablöschen und in der vorher gefilterten Brühe kochen ( Risotto: Regeln der Kunst). 10 Minuten vor Ende der Kochzeit die Scampicreme + 1 gehäutete, fein geschnittene Tomate hinzugeben; möglicherweise reicht auch ein halbe Tomate, keinesfalls zu viel: Die Farbe ist wichtig, sollte ein leichtes rosa werden, das ungefähr den Farbton trifft, den die Scampi mal hatten, bevor sie in der Brühe weiß gekocht wurden.

Wird natürlich auf dem Teller serviert. 1 ganzen Scampo oben drauf legen, für den Tischnachbarn.

Fisch in Alufolie garen

Die Aromahülle. Garen von Fisch in der Folie.



Das Garen von Fisch in der Aromahülle (auch Garschlauch oder Bratschlauch) ist sehr einfach und vor allem sehr praktisch, insbesondere dann, wenn man Gäste erwartet. Man kann den ganzen Zauber schon vorher vorbereiten, muss den Fisch nur noch zum richtigen Zeitpunkt in den Ofen schieben und hat so alle Zeit der Welt, mit seinen Gästen den Aperitivo zu trinken oder Antipasti zu essen, anstatt noch in der Küche stehen zu müssen.

Neben dem Dämpfen ist das Garen von Fisch in der Aromahülle die schonendste Zubereitungsart. In der Aromahülle gegarter Fisch ist sehr bekömmlich, leicht, gesund; es kommt fast kein Fett dazu.

Sehr gut eignet sich Fisch mit festem weißen Fleisch. Am einfachsten zu verwenden ist Aluminiumfolie, die sehr flexibel und vor allem gut verschließbar ist (wichtig!). Pergamentpapier sieht natürlich besser aus und vor allem Zeitungspapier macht eine gute Figur. Beides funktioniert genausogut, wie die Aluminiumfolie.

Ofen auf 180 Grad vorheizen. Eine ausreichend große Folie auf einem Blech ausbreiten und den abgetrockneten, leicht gesalzenen Fisch in die Mitte legen, ein paar Spritzer Olivenöl, eventuell ein paar Kräuter wie Rosmarin und Thymian drauflegen. Ein angehackter Zitronengrasstengel gibt ein frisches zitroniges Aroma. Folie gut verschließen und ab in den Ofen. Die Garzeit beträgt 15 - 20 Minuten.

Die Folie erst kurz vor dem Servieren öffnen, am besten auf dem Tisch; weil’s so gut duftet und Überraschungen ja immer Spaß machen.

Kleiner Exkurs in Sachen Alufolie: Einige behaupten ja, die matte Seite müsse nach außen, da die glänzende die Hitze reflektiert und so den Garungsprozess verzögere; andere, wie ich, machen es aus genau diesem Grund umgekehrt und bilden sich ein, diese Verzögerung bewirke möglicherweise eine noch schonendere Garung. Allgemein gilt: Schnell garen - matte Seite nach außen; abschirmen - glänzende Seite nach außen. Tatsache ist aber, dass die unterschiedlichen Seiten der Folie lediglich durch die Fertigung entstehen. Kopfball.de liefert den Praxis-Test und entsprechende Zahlen Alu-Folie Welche Seite der Alu-Folie muss nach außen? und kommt zu dem Ergebnis: Völlig gleichgültig!


* Wenn hier plötzlich ungewohnte Raffinesse aufblitzt, liegt das daran, dass ich einen echten Profi bewegen konnte, hier ein bisschen mitzumischen: Titi Laflora! Mehr in Ihrem Blog. Ich hoffe, da wird noch mehr raus und Titi Laflora veröffentlicht hier vielleicht sogar mal das ein oder andere Rezept.
Mille grazie! Ciao!

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