Spaghetti bolognese mit Sternanis (Heston Blumenthal)

Zwei halbwegs vernünftige Gründe über Spaghetti bolognese zu schreiben

Der für mich einzige Grund, über Spaghetti bolognese zu schreiben, wären die netten AdWords-Anzeigen, auf die man hier überall klicken kann; eine echte Goldgrube! Das allein hätte in dem Fall allerdings nicht gereicht. Jetzt ist aber ein zweiter Grund dazu gekommen und der heißt Heston Blumenthal.

Heston Blumenthal* ist ein englischer Küchenpapst mit 3 Michelin-Sternen. Sein Restaurant The Fat Duck wurde mehrfach zum besten Restaurant der Welt gekürt. Wer gerne mal Lachs mit Lakritzgelee oder Sardineneis probieren möchte, sollte unbedingt da vorbeifahren (möglicherweise muss man reservieren). Jedenfalls jongliert dieser Heston Blumenthal, um ein Ragù alla bolognese zu kochen, wild mit Koriandersamen, Sternanis, Worcestershiresauce und Tabasco, rührt am Ende sogar vietnamesische Fischsauce in sein Ragout. Die ganze Operette in deutscher Übersetzung in der Molekularküche (besonders interessant sind die Kommentare und die ziemlich fundierten Antworten von Benedikt Köhler und Jörg Blumtritt).

In Italien kennt man das Ragù alla bolognese ja auch; man kocht es vor allem für die Kinder. Äußerst selten wird man es hier allerdings als Begleiter von Spaghetti antreffen, sicher auch wegen der Kinder (die tun sich mit langer Pasta einfach schwer), aber nicht nur. Überlicherweise gibts das Ragù, wenn Gäste kommen mit frischer Pasta (Tagliatelle im Norden, Fettuccine im Süden), oder in der Pasta al forno (Lasagne), oder alltags mit beliebiger kurzer Pasta.

Natürlich gibt es soviele Rezepturen wie Köche. Klassische Basiszutaten sind Hackfleisch, Tomaten, Zwiebeln, Karotten und Sellerie, die in dem Fall, dass mittags Gäste erwartet werden, am besten schon morgens um 6 anfangen vor sich hinzuköcheln. In letzter Zeit habe ich die Tendenz festgestellt, das Ragù so frugal wie möglich zuzubereiten und vor allem nur dann, wenn man wirklich optimale Zutaten hat (Tomaten, die nach Tomaten schmecken, muss man auch in Italien zu finden wissen). Die Köche und Köchinnen der mir bekannten Haushalte und Lokale (Latium, Toskana, Umbrien) wetteifern, wer das magerste Rindfleisch auftreibt und ein größeres Kompliment als “la carne è magrissima” - das Fleisch ist ja außerordentlich mager - kann es für den Ragù-Koch kaum geben.


The Fat Duck, Heston Blumenthal

* Spaß beiseite in Sachen Heston Blumenthal:

Das Konzept der Molekularküche oder Molekulargastronomie, das Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Untersuchung biochemischer, physikalischer und chemischer Prozesse bei der Zubereitung von Speisen und Getränken berücksichtigt, ist natürlich hochinteressant; komm ich sicher drauf zurück. Und vielleicht geh ich auch mal ins Fat Duck. Das Logo gefällt mir so gut.

Momentan koche ich allerdings jeden Tag - zwischen Schreibtisch und Rufen aus dem Kinderzimmer - und gehöre wohl eher in eine Hausmänner-Selbsthilfegruppe, als auf die Küchenakademie. Vietnamesische Fischsauce werde ich mir trotzdem kaufen.

Ein kostenloses E-Book zum Thema Molekulare Küche gibt’s hier: E-Book Molekulare Küche

Rezept: Pasta alla Puttanesca

Pasta alla Puttanesca - Hurenpasta, Pasta auf Nuttenart


Noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts waren Italiens Bordelle case chiuse (= geschlossene Häuser). Das hieß, die Frauen durften das Haus nur einmal in der Woche verlassen, um ihre Einkäufe zu erledigen und so gab’s nach spätestens drei Tagen keine frischen Nahrungsmittel mehr; gekocht wurde mit Thunfisch, eingekochten Tomaten, Zwiebeln, Oliven, Kapern, Sardellen, Pinienkernen, Rosinen…

Im Internet findet man jede Menge Unsinn darüber, wie man die Spaghetti alla Puttanesca zubereitet. Alles Quatsch. Pasta alla Puttanesca ist kein Gericht, sondern ein Ausweg, die hohe Kunst, ein schnelles Essen aus dem zu zaubern, was man hat, wenn man nichts im Haus hat. Auch Spaghetti sind nicht gerade die beste Wahl, weil man eine Puttanesca auch sehr gut kalt essen kann.

Gut geeignet für Pasta alla Puttanesca sind etwas schwerere kurze Pastatypen wie Orecchiette oder Casarecce, die, auch wenn sie innen al dente bleiben sollten, außen etwas weicher sind und viel Geschmack aufnehmen; ansonsten auch jede, mit dem Adjektiv rigato (= geriffelt) versehene kurze Pasta. Deshalb (um möglichst viel Geschmack aufzunehmen) ist die nämlich geriffelt.

Hier zwei Vorschläge als Improvisationsbasis. Konkrete Mengenangaben haben keinen Sinn. Da muss jeder selbst ein bisschen experimentieren und die richtige Mischung für sich entdecken:

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Zutaten für Pasta alla Puttanesca I

Kurze Pasta (100 g pro Person), Thunfisch (in Olivenöl), 1 unbehandelte Zitrone, Pinienkerne, Rosinen, Kapern (in Essig oder Salz eingelegt), viel Petersilie und ein paar Blätter frische Minze, Olivenöl.

Diese sehr sommerliche und leichte Version der Pasta alla Puttanesca gibt’s bei uns, wenn’s heiß ist, ziemlich oft. Man kann sie besonders gut kalt essen.

Pasta aufsetzen und während der Kochzeit die Zutaten vorbereiten. Thunfischdosen öffnen, Öl abschütten und den Thunfisch in einer Schüssel mit der Gabel zerteilen; die abgeriebene Schale einer Zitrone unterrühren, ca. 1 Teelöffel, oder auch etwas mehr (unbehandelt oder nicht, die Zitrone jedenfalls vorher 10 Minuten in lauwarmes Wasser legen und danach gut abreiben). Schließlich die Kapern (vorher mit warmem Wasser gut spülen und trocken tupfen), die Pinienkerne und die Rosinen hinzugeben. Die Rosinen vorher 10 Minuten lang einweichen - wahlweise in Wasser oder am besten in Weißwein, den Rest der Flasche austrinken.

Pasta abgießen und in einer zweiten Schüssel mit 1 - 2 Esslöffeln Olivenöl (damit sie nicht zusammenpappt), dem Saft der halben Zitrone (sollte nicht zu sauer werden) und den Minzblättern und der Petersilie verrühren. Danach in die Schüssel mit den Zutaten geben. Gut vermischen. Fertig! Kann man zwei Tage lang von essen.

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Zutaten für Pasta alla Puttanesca II

Pasta (100 g pro Person), Thunfisch (in Olivenöl), Zwiebeln, entsteinte schwarze Oliven, Kapern (in Essig oder Salz eingelegt), Parmesan, Olivenöl, 2 Flaschen Weißwein.

Interessant an dieser Version ist die auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnliche Zusammenstellung von Thunfisch und Parmesan.

Pasta ins sprudelnd kochende Wasser schmeißen. In einer tiefen Pfanne Olivenöl erhitzen und die möglichst kleingehackten Zwiebeln bei mittlerer Flamme anbraten und dann bei kleiner Flamme schmoren lassen bis die Pasta fertig ist.

Thunfischdosen öffnen und das Öl abschütten, den Thunfisch in der Schüssel, in der auch serviert wird, mit der Gabel zerteilen. Danach Oliven und Kapern hinzugeben. Die entsteinten Oliven kann man leicht in zwei Hälften teilen. Sieht besser aus. Finde ich. Einfach mit dem Daumen in die Öffnung fahren, auseinanderreißen und in der Schüssel sammeln, in der auch serviert wird. Die Kapern mit warmem Wasser gut spülen und trocken tupfen. Dabei die erste Flasche Wein austrinken.

Pasta abgießen und in die Pfanne mit den Zwiebeln geben (kurz vorher die Flamme noch einmal voll aufdrehen) und dort sorgfältig wenden, sodass die Pasta das Öl annimmt und die Zwiebeln gut verteilt sind. Danach in die Schüssel geben und mit Thunfisch, Oliven und Kapern verrühren. Fertig! Servieren und sofort mit viel Parmesan essen. Dabei die zweite Flasche Wein austrinken.


Aber auch für alle, die es selbst einmal in der Woche nicht vor die Tür schaffen, gibt es Lösungen - und zwar bei Chef Mark Binder: Spaghetti mit Zitronen und Olivenöl

Pasta - Pastatteig - selber machen (Video)

Frische Pasta selber machen - gar nicht so schwer.

Alles, was man braucht, um frische Pasta selber zu machen, ist ein Tisch (nicht jeder hat so eine Skulptur von Küchentisch wie ich, aber ein ganz normaler stabiler Tisch tut’s auch), ein gutes Nudelholz, warmes Wasser und eine Handvoll Mehl pro Person (stinknormales Weizenmehl!) .

Auch eine echte Pasta-Queen* wie Vera, kann nicht jeder zu seinen besten Freunden zählen, aber 2 ganz normale linke Hände und etwas Erfahrung tun’s auch.

* Eine echte Pasta-Queen zu sein ist übrigens nur einer von Vera’s vielen Vorzügen. Wie man am Ende sieht, kann man zwischen ihren Brüsten die Autoschlüssel verlieren!

Ciao Vera, sei bellissima, fortissima, grandissima, verissima, e sempre Vera!

[Regieassistenz: andreanolte.com]

Kultur kann man nicht kaufen

Rezept: Spaghetti alle Vongole

Spaghetti alle Vongole - Spaghetti mit Venusmuscheln


Zutaten für Spaghetti alle Vongole:

Spaghetti (100 g pro Person - dürfen, anders als z. B. bei den Spaghetti alla Carbonara, ruhig etwas dünner und leichter sein, auch Spaghettini, 6-8 Minuten Kochzeit), Venusmuscheln (200 g pro Person), Knoblauch, Olivenöl, Pfeffer, Petersilie (die glattblättrige), 2 Flaschen Weißwein


Natürlich gibt es die Spaghetti alle Vongole in den verschiedenen Küstenregionen in zahlreichen Versionen in weiß und rot. Hier meine sehr frugale, sehr weiße Lieblingsversion mit einem kleinen, dem gemeinen Hobby-SEO sicher nicht bekannten Trick.

Die Muscheln 1 - 2 Stunden in kaltes Salzwasser legen, damit der Sand rauskommt.

In einer tiefen Pfanne mit Deckel das Olivenöl mit ein paar Knoblauchzehen erhitzen (die Knoblauchzehen vorher mit dem Handballen leicht zerdrücken, bis sie platzen und so wie sie sind, rein in die Pfanne, vor dem Servieren wieder rausnehmen), Vongole dazu, starke Flamme, Deckel drauf. Nach ca. 5 - 10 Minuten, wenn sich die ersten Muscheln öffnen, die Flamme runterdrehen, bzw. wenn der Deckel gut schließt, ganz ausmachen.

Nach weiteren 5 - 10 Min. mit einem flachen Sieb die Muscheln aus dem Sud holen, nicht geöffnete wegschmeißen (sollten, wenn die Muscheln frisch sind, nur wenige sein) und den Rest in zwei Hälften teilen. Eine Hälfte von der Schale befreien (einfach mit dem Daumennagel aus der Schale schieben und auf einem Teller sammeln).

Und jetzt kommt der überaus effektive Trick, der die Sache auf ein ganz anderes Niveau bringt: Durch ein feines Sieb etwas Mehl (1 Esslöffel) in den hoffentlich reichlich vorhandenen Sud geben, einrühren. Vorsicht: Der Sud darf natürlich nicht zu dickflüssig werden. Danach die entschalten Muscheln hinzugeben, Pfeffer, Petersilie. Dabei eine Flasche Wein austrinken.

Spaghetti extrem al dente kochen, abgießen und in den Sud geben, wo sie noch etwas nachgaren. Sorgfältig in der Pfanne wenden. Durch das Mehl pappen der Sud und die entschalten Muscheln wunderbar an der Pasta an und übertragen ihr den ganzen Geschmack. Die zweite, nicht entschalte Hälfte der Muscheln oben drüberschmeißen. Fertig. Servieren und sofort essen und dabei die zweite Flasche Wein* austrinken.

(*) Toskana oder Umbrien, 2. oder 3. Regalreihe von unten.

[Bei kochmix.de lese ich gerade: "Beim Essen das Muschelfleisch mit einer Gabel aus den Muscheln holen." Armleuchter! Muscheln essen hat schwer was mit Erotik zu tun. Natürlich holt man die Muscheln mit Lippen, Zunge und Zähnen aus der Schale.]

Rezept: Spaghetti Carbonara

Richtig: Spaghetti alla Carbonara = Spaghetti auf Köhlerinnen Art

Zutaten für Spaghetti alla Carbonara:

Spaghetti (100 g pro Person - nicht so dünne Dinger, keine Spaghettini oder sowas, etwas Gewicht müssen die schon haben; die, bei denen 14 Min. Kochzeit auf der Packung steht), Speckwürfel (30 g pro Person), 1 Ei pro Person, Olivenöl, 2 Flaschen Weißwein und bloß keine Sahne! In Spaghetti alla Carbonara kommt keine Sahne.


Wasser aufsetzen, wenn’s kocht eine Handvoll grobes Salz dazu geben und nach dem erneuten Aufkochen nach 1-2 Minuten die Spaghetti hinzugeben.

Eigelb und Eiweiß trennen. Wer (männlich) sich mal in der heißen Badewanne selbst befriedigt hat, weiß warum: Eiweiß stockt! In einer Schüssel, am besten in der, in der auch serviert werden soll, das Eigelb sammeln, mit der Gabel öffnen und zerlaufen lassen, nicht verrühren, nach Belieben Pfeffer dazu, kann ruhig etwas mehr sein.

Reichlich Öl in die Pfanne geben, Speck vor sich hinbrutzeln lassen und schließlich die al dente gekochten (2 Minuten weniger, als auf der Packung angegeben) Spaghetti in die heiße Pfanne geben und dort ca. eine Minute lang wenden und mit dem Öl und den Speckwürfeln vermischen. Darauf achten, dass nicht zuwenig Öl in der Pfanne ist, sonst pappen die Spaghetti an und der Himmel stürzt ein. Dabei eine Flasche Wein austrinken (diesmal aber nichts davon in die Pfanne schütten).

Den Inhalt der Pfanne in die Schüssel mit dem Eigelb geben und verrühren. Die Pasta muss sehr heiß sein (damit das Eigelb nicht roh bleibt). Die Spaghetti müssen ein feucht-gelb-glänzendes Aussehen haben. Erfahrungssache, muss man einfach einmal in der Woche machen. Nach 1 - 2 Jahren merkt man dann, wie man der Sache langsam immer näher kommt. Spaghetti alla Carbonara sind Skulptur.

Servieren und sofort essen und dabei die zweite Flasche Wein* austrinken.

(*) Toskana oder Umbrien, 2. oder 3. Regalreihe von unten reicht völlig.

Ach ja: Parmesan!

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